Spinnen, Hunde, Zahnärzte. Wenn es um die Ängste der Menschen geht, finden sich Dentalmediziner schnell in einer seltsam anmutenden Reihe wieder. Seltsam vor allem daher, weil es für die Angst vorm Zahnarzt keine wirklich rational erklärbaren Ursachen gibt. Weder besitzt er ein gruseliges Erscheinungsbild, noch handelt er unberechenbar und gefährlich. Dennoch jagt der Zahnarzt einem nicht unbeträchtlichen Teil der Bevölkerung Schrecken ein.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Zahnbehandlungsphobie (ja, so etwas gibt es wirklich!) haben zwei Drittel der Bevölkerung in den Industriestaaten Zahnarztangst, 6-14 Prozent sogar eine regelrechte Zahnarztphobie. Es ist ein bisschen wie bei der Angst vorm Fliegen. Statistisch gesehen gehört das Flugzeug zu den sichersten Verkehrsmitteln. Jedenfalls ist es viel sicherer als das Auto. Im Gegensatz zu diesem verursacht das Fliegen dennoch Angst oder zumindest Nervosität – bei geschätzt 80% aller Menschen. Warum? Für die meisten Menschen ist das Fliegen zunächst keine Alltagssituation. Das ist der Gang zum Zahnarzt auch nicht. In einem Flugzeug leiden viele Menschen unter dem Gefühl von Kontrollverlust. Sie können ihr Schicksal nicht selbst bestimmen. Viele empfinden auf dem Stuhl beim Zahnarzt genauso. Und schließlich gibt es im Flugzeug noch die Enge und die Tatsache, nicht jederzeit »aussteigen« zu können. Dies ist beim Zahnarzt nun wahrlich nicht der Fall. Dennoch klagen verängstigte Patienten, sie fühlten sich dem Behandler regelrecht »ausgeliefert«. Zugegeben, Bilder von einem Flugzeugcrash machen Flugangst durchaus erklärbar. Aber vergleichbare Bilder gibt es von Zahnarztpraxen nicht. Es muss also das Kino im Kopf sein, welches bei vielen einen Furcht einflößenden Streifen abspielen lässt. Dieser Streifen vermischt vermeintliche Erinnerungen mit diffusen Vorstellungen, bedient Vorurteile und Klischees und räumt subjektiven Schilderungen mehr Gewicht ein als objektiven Fakten. Das Einzige, was er nicht vermag: die Wirklichkeit abbilden. Aber das ist vielleicht auch gut so. Denn so kann an diesem Punkt der Zahnarzt mit viel Fingerspitzengefühl den imaginären Hebel ansetzen – und den Patienten aufklären. Denn heute sind Patienten natürlich jederzeit Herr der Lage und entscheiden selbst, was wie gemacht wird. Sie müssen nichts erdulden. Vor allem keine Schmerzen.
Der Bremer Zahnarzt Dr. Reinhold Gabriel weiß, dass mit der Angst vor den Schmerzen meist auch die Angst vor dem Zahnarzt verfliegt. Daher klärt er seine Patienten auf, ruhig und einfühlsam. »Eine stressfreie Atmosphäre ist wichtig«, verrät er, »und die Patienten dürfen keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen müssen«, damit der Film im Kopf erst gar nicht gestartet werden kann. Wenn Dr. Gabriel einen neuen Patienten auf dem Stuhl Platz nehmen lässt – dann nur, um mit ihm zu reden. »Kommen Sie doch herein, setzen Sie sich, was haben Sie mir zu erzählen?« Ganz wie im normalen Leben. Denn das ist so ein Treffen auch. Hier hebt niemand ab und der Patient steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Er wird ausführlich beraten und…